l’Arche de la Valée – Bericht aus Frankreich

Bonjour!

Seit 2 Monaten wohne und arbeite ich jetzt schon hier im sehr schönen ländlich gelegenen Kleinstädtchen Hauterives (ca.70 km südlich von Lyon) in der „Arche de la Valée“ in Frankreich. Eine „Arche“ ist eine Gemeinschaft, wo Menschen mit und ohne geistige Behinderung gemeinsam in einer Art WG leben. Die Arche de la Vallée hat insgesamt 5 solcher WGs, die hier Foyers genannt werden. Ich wohne im Foyer de la Braise gemeinsam mit 8 geistig Behinderten, 2 Mitarbeitern und einem weiteren Volontaire.


Unser FoyerMittlerweile ist für mich hier der Alltag eingekehrt. Ich hab mich gut eingelebt und fühle mich sehr wohl.

Die Behinderungen der Personnes accueillies (so werden hier die geistig Behinderten genannt) in unserem Foyer sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einige sind sehr selbständig und brauchen kaum Unterstützung im Alltag. Andere brauchen ein „Accompagnement“, also Hilfe bei Körperpflege, Anziehen etc.

Ein normaler Tag im Foyer sieht folgendermaßen aus: Um 8 Uhr frühstücken wir alle gemeinsam und ich mache das morgendliche Accompagnement (Zähne putzen, Anziehen…) von 2 oder 3 Personen. Danach gehen die Personnes accueillies in verschiedene Ateliers auf dem Gelände, wo sie den Tag über arbeiten. Es gibt ein Atelier für die Gartenarbeit, ein Atelier für künstlerische Arbeiten (Töpfern, malen etc.), ein Kochatelier und ein Atelier für diejenigen, die schon älter oder relativ schwach sind und nicht wirklich arbeiten können. Während die Personnes accueillies im Atelier sind, machen wir hier den Haushalt im Foyer (putzen, Wäsche waschen, kochen usw.). Von 14 bis 17 Uhr hab ich dann immer Pause und Zeit für mich bevor wieder alle zurück ins Foyer kommen. Am Abend kocht immer ein Mitarbeiter oder Volontaire mit einer Personne accueillie und nach dem Abendessen gucken wir meistens alle gemeinsam noch ein bisschen Fernsehen bevor wir den Personnes dabei helfen, sich bettfertig zu machen.
Am Wochenende sehen die Tage ein bisschen anders aus, weil die Personnes d’accueillies den ganzen Tag im Foyer sind. Dann stehen gemeinsame Aktivitäten wie Einkaufen oder ein Spaziergang an.

An manchen Tagen muss ich auch die Medikamente verabreichen, was morgens, mittags und abends bei acht verschiedenen Personen und teilweise ganz schön krassen Mitteln höchste Konzentration erfordert. Außerdem gehört mittlerweile das Amt des „Referent Sécurité“ mit zu meinen Aufgaben. Der „Ref Sec“ muss am Abend wenn alle im Bett sind einen Rundgang durchs Foyer machen, alle Türen abschließen, das Gas und die Steckdosen abschalten, kontrollieren ob die Notausgänge frei sind und ob die Autos da sind, notieren wer sich in welchem Zimmer befindet und die Nacht über einen Pieper und ein Nothandy bei sich haben, falls im Haus ein Feuer ausbricht oder es irgendeinen Alarm gibt.

Ich mache meistens ein oder zweimal in der Woche einen Großeinkauf fürs ganze Foyer (Die Verkäuferinnen wissen meistens schon, wenn ich mit zwei vollgepackten Einkaufswagen ankomme, für wen das alles ist und fragen „C’est pour l’Arche, non?“ :D). Jedes Foyer hat ein eigenes Auto und einen Minibus, womit ich auch fast täglich unterwegs bin um  irgendjemanden abzuholen oder wegzubringen, z.B. wenn die Personnes accueillies das Wochenende über ihre Familien besuchen oder einen Arzttermin oder irgendwas anderes vorhaben.

Mmhm!Auch mit der französischen Küche bin ich mittlerweile schon ganz gut vertraut. Mir wurden Vinaigrette, Bechamel-Sauce, Crepes und Co. beigebracht und meistens schmeckt zum Glück auch alles was ich koche.

Ich habe hier also teilweise ganz schon viel Verantwortung, was mich einerseits freut, weil man dadurch merkt, dass einem auch was zugetraut wird. Manchmal ist es aber auch echt nicht einfach und ganz schön anstrengend, aber von Tag zu Tag wird hier alles immer mehr zur Routine. Insgesamt macht mir die Arbeit sehr viel Spaß. Die Personnes Accueillies bringen einen oft zum schmunzeln und ich kriege sehr viel von ihnen zurück.

An einem Samstag im September hat die ganze Arche ein großes Fest veranstaltet und wir haben gemeinsam den „Journée des Familles“ gefeiert. Alle personnes acceuillies, Mitarbeiter und Freunde der Arche mit ihren Familien waren eingeladen und insgesamt waren wir ca. 300 Leute. Zuerst gab es einen Gottesdienst mit einigen Ansprachen im Anschluss, da die Arche de la Vallée dieses Jahr ihr 40jähriges Jubiläum feiert. Nach einem leckeren Festessen wurde zu traditioneller französischer Musik getanzt bis sich am späten Nachmittag dann alle auf den Heimweg machten. Der „Journée des Familles“ war ein wirklich schöner Tag und bisher eins meiner Highlights.

Menschen2Eine große Rolle im Alltag der Arche spielen die Spiritualität und der katholische Glaube. Wir beten oder singen vor jeder Mahlzeit, es gibt jeden Dienstag eine Messe in der Kapelle hier auf dem Gelände und Sonntags fahre ich immer mit einigen Personnes accuellies in die Kirche im Nachbarort.

 

 

Menschen1Mit der Sprache klappt es auch von Tag zu Tag besser. Da ich hier die einzige ausländische Freiwillige bin, rede ich meistens wirklich den ganzen Tag Französisch und habe dadurch schon eine ganze Menge gelernt.

Einen Tag in der Woche habe ich immer frei, wo ich ausschlafen und machen kann was ich möchte. Meistens verbringe ich diese Tage hier im Foyer oder treffe mich mit anderen Volontairen in der Arche, weil es sich für einen Tag nicht wirklich lohnt wegzufahren, zumal der nächste Bahnhof eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt ist. Jeder Freiwillige hat außerdem ein Wochenende (3 Tage) und eine Woche pro Trimester frei. Diese Tage habe ich bisher schon gut genutzt, bin ein bisschen rumgereist und habe das Land erkundet. Im September habe ich ein Wochenende im Süden am Mittelmeer verbracht, wo ich Alina und Lisa, zwei deutsche Mitfreiwillige, besucht habe, die ich beim Einführungsseminar des ICE (Das ist die französische Organisation, an die mich die Stiftung Ökumenisches Lernen vermittelt hat) kennengelernt habe. Wir konnten dort noch die letzten Sommertage genießen und sogar im Meer baden.

KüsteVor zwei Wochen hatte ich meine freie Woche und bin ins Elsass in die Nähe von Mulhouse gereist, wo Anna, ebenfalls eine Mitfreiwillige vom ICE wohnt und arbeitet. Ich konnte ein paar Tage von der Arbeit abschalten und es genießen mal wieder ein bisschen auf Deutsch zu quatschen. Einen Tag haben Anna und ich in der wunderschönen Stadt Basel in der Schweiz verbracht, die nur ca. eine Stunde mit dem Zug von Mulhouse entfernt ist.
Vom Elsass hab ich mich dann wieder auf den Rückweg Richtung Süden gemacht und habe noch einen zweitägigen Zwischenstopp in der Nähe von Lyon eingelegt, wo ich meine Austauschschülerin Capucine und ihre Familie besucht habe, die ich seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sie haben sich sehr gefreut mich wieder zu sehen und haben mir ein bisschen die beeindruckende, riesige Innenstadt von Lyon gezeigt.

Ich habe in diesen 2 Monaten also schon ganz schön viel erlebt, habe viele tolle Leute kennengelernt und bin trotz kleinen Heimwehmomenten, die sich manchmal noch einschleichen, sehr froh hier zu sein.

Viele Grüße nach Deutschland

Deborah

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